Farben wahrnehmen

Farben wahrnehmen

Schon als Kind habe ich mich gefragt, ob alle Menschen Dinge genauso wahrnehmen wie ich, ob es für alles eine messbare Skala gibt. Bei manchen Dingen habe ich mich schon damals gefragt, ob nur ich das anders, stärker wahrnehme und ob ich anders bin als alle anderen oder ob wir alle unsere Sinneseindrücke unterschiedlich wahrnehmen.
Ganz schön philosophisch für ein Kind, dass bei Oma auf dem Bauernhof seine Ferien verbringt.

Mit der Zeit habe ich gelernt, dass Menschen sehr wohl Sinnesreize unterschiedlich verarbeiten und empfinden. Nehmen wir als einfach zu verstehendes Beispiel eine blinde Person, die zwar nicht sieht, deren Gehör sich aber so fein entwickelt, dass sie beinahe 3D hören kann und deren Finger in der Lage sind, nicht nur Braille Schrift zu lesen, sondern auch feinste Gesichtszüge zu erkennen.

Derer Beispiele gibt es viele, aber ich denke, Du weißt, was ich meine.

Als junge Mutter habe ich dann erfahren, dass ich und meine Kinder HSP, das heißt hochsensible Personen sind. In meinem Fall wirkt sich das so aus, dass mein Gehirn unnötige Geräusche oft nicht herausfiltert. Ich höre nicht besser als andere, aber einfach mehr gleichzeitig.

Bei mir ist diese Hochsensibilität stark auf das Gehör ausgeprägt, aber auch das gibt es in vielen verschiedenen Bereichen unserer Wahrnehmung und mehr als 10% aller Menschen geht es so. Meist das das auch kein dauerhafter Zustand, sondern je nach Gemütslage mehr oder weniger ausgeprägt.

Also ja, wir nehmen Eindrücke unterschiedlich wahr. Aber gilt das auch für Farben? Farben sind doch messbar, oder nicht? Es gibt doch Primärfarben, die man standardisieren kann und aus denen sich in unterschiedlichen Anteilen alle anderen Farben zusammen setzen.

Das muss doch für Farben genauso gelten, wie für Geräusche mit Lautstärke, hohen und tiefen Tönen, könnte man denken.

Aber so ist es nicht.

Nun müssen wir erst einmal verstehen, wie wir Farben überhaupt wahrnehmen.

Farbe ist nicht per se da. Farbe können wir nur wahrnehmen, wenn Licht auf einen Gegenstand fällt, von ihm reflektiert wird und dann auf bestimmte Rezeptoren in unserem Auge trifft. Dabei absorbiert der Gegenstand einen Teil des Lichts (das hängt mit elektromagnetischen Wellen zusammen und ist für diesen Blogbeitrag zu tiefgreifend). Aber denken wir an einen Regenbogen oder das Schillern von Seifenblasen. Dabei passiert nichts anderes, als dass das Licht aufgespalten wird und alle Farben des Lichts sichtbar werden.

Diesen Teil der Strahlung des Lichts der reflektiert wird, nehmen wir als Farbe wahr. Nun hat aber nicht jeder Mensch die gleichen Rezeptoren und nicht alle Rezeptoren die gleiche Empfindlichkeit. Manche sind gar teilweise farbenblind, das bedeutet ein Teil der Rezeptoren fehlt oder funktioniert anders als gedacht.

Wenn das schon immer so für uns ist, nehmen wir das aber anfangs gar nicht wahr. Für uns ist es der Normalzustand. Rot-Grün-Schwächen werden häufig erst bemerkt, wenn die Person beginnt am Straßenverkehr teilzunehmen und die AmpelFarben nicht erkennt. Bei anderen FarbenSehSchwächen kann das ewig unbemerkt bleiben.

Doch diese unterschiedliche Empfindung und Verarbeitung der Sinneseindrücke ist nicht nur genetisch bedingt. Erst kürzlich habe ich einen Artikel gelesen, dass Kleinkinder, deren Kinderzimmer komplett in beige gestaltet sind und deren Kleidung und restliches WohnUmfeld ebenfalls beige gehalten ist, Farben weit schlechter erkennen und unterscheiden können, als Kinder, die in einer bunten Welt aufwachsen.

Neben den Rezeptoren wird also Licht benötigt, um Farben zu sehen. Nun gibt es aber ganz unterschiedliche Lichtqualitäten. Wer sich schon einmal mit Fotografie beschäftigt hat weiß, dass man die Kamera entsprechend einstellen muss, ob es sonnig oder bewölkt ist oder wenn man sich in einem Raum mit Kunstlicht befindet. Selbst wenn man eine Lampe oder Glühbirne kaufen will, muss man sich zwischen warmweiß, klatweiß und Tageslicht entscheiden.

Es strahlt also helleres oder weniger helles Licht auf unsere Farbe und wird teilweise reflektiert. Oder die Lichttemperatur ist wärmer (mehr gelbAnteil) oder kühler (mehr blauAnteil). Auch das macht etwas mit unserer Farbe, denn der Teil des Lichts, der reflektiert wird und auf unsere Augen (Rezeptoren) trifft ist jeweils anders.
Deshalb gehen wir auch so gern ans Tageslicht um eine Farbe „richtig erkennen“ zu können. Doch auch da kann das Licht sehr unterschiedlich sein, je nach Stand der Sonne. Kurz vor Sonnenuntergang gibt es zB die sogenannte Goldene Stunde mit sehr sanftem, warmem Licht, mittags ist das Sonnenlicht stärker und kühler.

Unser Auge ist ein Wunderwerk der Natur. Es kann bis zu einem dutzend Millionen Farben unterscheiden und erkennt kleinste Abweichungen und Nuancen. Bei dieser Vielfalt ist es notwendig, dass wir viele davon in Gruppen zusammen fassen und definieren, das ist alles gelb, auch wenn es tausende unterschiedliche Nuancen sind.

Zwar sehen wir die Unterschiede, auch die feinsten, wenn wir sie nebeneinander sehen, jedoch werden die einzelnen Farben in unserem Gehirn nicht gespeichert. Da die Wahrnehmung so individuell ist, kann die gleiche Farbe beim nächsten Betrachten ganz anders wahrgenommen werden. Zudem sehen zwei Personen nicht genau die gleiche Farbe, bzw sehen sie die Farbe nicht gleich.

Auch die Umgebung der Farben hat Auswirkung auf unsere Wahrnehmung. Befindet sich unser Farbton in einem neutralen Umfeld, nehmen wir ihn deutlicher, heller und strahlender wahr als in einem sehr bunten, da das Umfeld nicht sehr viel der Lichtstrahlen absorbiert. Liegt der selbe Farbton in einem dunkleren bunten Umfeld, wird vom gesamten Licht mehr absorbiert und der Farbton wirkt dunkler und weniger intensiv.

Warum fotografieren wir dann auf einem grauen Hintergrund, der viel Licht absorbiert?

Das liegt an der Eigenschaft des Garns. Die meisten tierischen Fasern, besonders aber die Seide, glänzen derart im Licht, dass sie die Farben komplett überstrahlen. Die einzelnen Fasern sind so glatt, dass sie das Licht spiegeln und dadurch auf den Fotografien weiße Flecken entstehen. Farbe erkennt man dann kaum noch. Um diese Reflexionen zu minimieren, filtern wir das Tageslicht etwas ab und fotografieren auf einem neutralgrauen Hintergrund. So wirkt das, was an Farbe bleibt am naturgetreuesten.

Aber sind Farben am Computer denn nicht immer gleich?

Nein. Abgesehen davon, dass es unterschiedliche Qualitäten von Bildschirmen gibt, die mit unterschiedlich lichtstarker Technik ausgerüstet sind und wahlweise eine glatte oder matte Oberfläche haben, gibt es auch unterschiedliche Farbräume in den Einstellungen.

Ganz grob unterscheidet man zwischen Bildschirmfarben RGB und Druckfarben CMYK.

RGB Farben sind eine Mischung aus rot, gelb und blau, die am Bildschirm dargestellt werden. Hieraus lassen sich viele Farben mischen allerdings ergibt die Maximale Mischung aus allen dreien schwarz und deren Abwesenheit weiß. Das ergibt sich aus der Technik, die in Bildschirmen verbaut ist.

Im CMYK System ist es anders und entspricht dem, was wir vom Mischen von Wasserfarben kennen. Hier haben wir die Primärfarben blau (cyan),  rot (magenta), gelb (yellow) und zusätzlich noch schwarz (black) und weiß um dunklere oder pastellne Farben zu Mischen. Dabei entsteht beim Mischen gleicher Anteile von rot, gelb und grün ein neutrales braun und schwarz ist eine eigenständige Farbe. Dieses System ermöglicht weit mehr Farben und Abstufungen als das RGB System, sind an Bildschirmen aber so nicht darstellbar.

 

Nun ist zumindest erklärt, wie wir Farben wahrnehmen und warum wir nicht alle das gleiche sehen. Besonders, wenn wir Bilder von Farben am Bildschirm betrachten.

Aber was hat das mit unseren Garnen zu tun?

Nun, die Erkenntnis allein, dass die meisten Menschen Farben unterschiedlich wahr nehmen, lässt uns einander schon besser verstehen und kommunizieren. Das Wissen darum, dass Kameras Farben nicht so erkennen können, wie das menschliche Auge und die Tatsache, dass Bildschirme Farben nicht so wiedergeben können, wie wir sie in natura sehen, hilft uns ebenfalls zu verstehen. Nun ist es an uns, mit den Gegebenheiten umzugehen.

Alles Liebe 

Jule

 


5 Kommentare


  • Marie

    Danke Jule für diesen sehr interessanten und erklärenden Beitrag .


  • Marianne

    Ein Eindrucksvoller Beitrag sehr gut 👍


  • Karin

    super Artikel und gute Erklärung


  • Petra

    Das war ein sehr interessanter Beitrag 👍🏻👍🏻


  • Silke

    Danke für den interessanten Beitrag… 😃


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