Warum färbst Du nicht mit Pflanzen?

Warum färbst Du nicht mit Pflanzen?

Oft werde ich gefragt ob das Pflanzenfarben sind, mit denen ich färbe. Und im nächsten Zug, warum ich nicht mit Pflanzenfarben färbe.

Pflanzen sind toll. Ich liebe sie und finde es faszinierend, dass man mit vielen von ihnen interessante Farben färben kann. Das klingt alles so natürlich und die gebrochenen Farben sehen auch sehr natürlich aus. Und sehr viele Jahre, Jahrhunderte war es die einzige Art Stoffe und Wolle zu färben.

Ich habe mich mit einigen erfahrenen Färberinnen unterhalten, verschiedene Bücher gewälzt und schlussendlich meine persönliche Entscheidung getroffen.

Leider hat all diese Natürlichkeit einen Haken. Oder auch zwei oder drei.

Die Farben exakt zu wiederholen ist ohne wirklich viel Erfahrung fast nicht möglich. Das Färben mit Pflanzenfarben ist viel aufwändiger und zeitintensiver. Pflanzenfarben sind ohne Hilfsmittel nicht licht- und waschecht und auch die Farbpalette ist ohne Zusatzstoffe sehr begrenzt. Viele färben einfach nur unterschiedliche gelb-, grün-, braun- oder rosa Töne, erst durch chemische Reaktion mit einem Zusatzstoff wie z.B. Eisenoxid ergeben sich andere und vor allem kräftige und schillernde Farben. Doch in Chemie war ich nie gut.

 

Also war für mich von Anfang an die Frage, ob ich mich auf dieses ewige Experiment einlasse und mit all den verschiedenen Mitteln und Möglichkeiten herum probiere, die ich dann teils wieder auffangen und entsorgen muss. Ich gestehe, ich bin nicht der Typ für unvorhersehbare Ergebnisse. Ich plane gerne vorher was hinterher raus kommen soll und ich hatte immer großen Respekt vor Chemikalien. Außerdem stehe ich ja nicht allein in der Färbeküche und all die Rezepturen müssen für alle verständlich, einfach nachvollziehbar und unbedenklich sein, die hier färben. 

Mit Säurefarben ist das Ergebnis planbar und wiederholbar. Ich bekomme immer wieder (nahezu) die gleichen Pigmente und habe nicht je nach Luftfeuchtigkeit, Frische und Erntezeitpunkt unterschiedliche Farben auf dem Garn. Wenn man so will, der einfache Weg. Und der Sichere, wenn auch nicht natürlicher.

 

Sicher auch, weil Säurefarben mittels Wärme und Säure mit dem Garn reagieren und fast vollständig aufgenommen werden. Die Farben an sich sind nicht gefährlich für die Umwelt und das Abwasser und müssen nicht gesondert entsorgt oder gefiltert werden. Selbst wenn sich noch einzelne Pigmente beim Waschen lösen, sind diese nicht bedenklich. Weder für Dich als Kundin, noch für uns in der Herstellung. Die Pigmente entsprechen quasi dem, womit all unsere Kleidung gefärbt wird.

Ich wurde in einem Interview gefragt, ob ich mein Abwasser den filtere und habe das zum Anlass genommen, mich diesbezüglich zu informieren. Relevant dafür sind die Gefahrensymbole auf der Verpackung. Diese geben an, ob ein Produkt umweltschädlich, giftig, gewässerschädigend,oä ist und gesondert entsorgt werden muss, egal in welcher Konzentration. Das trifft auf unsere Pigmente nicht zu, also müssen wir unser Abwasser nicht filtern oder auffangen. Das macht es für uns noch mal einfacher.

 

Um mit Pflanzenfarben zu färben braucht man allerdings Alaun, ein Kalium-AluminiumSalz, um die Farbe im Garn zu fixieren. Vor AluminiumSalzen in der Kosmetik wird gewarnt, weswegen ich da spontan vorsichtig bin. Warum sollte ich damit färben und meine Garne mit diesem unsicheren Gefühl belasten, die ich als Strickstück auf der Haut tragen möchte?

Sicher habe ich mich da nicht erschöpfend informiert. Wie gesagt, ich war nie gut in Chemie. Aber das muss ich auch nicht. Ich muss für mich eine Entscheidung treffen, wie ich langfristig nachhaltig arbeiten möchte. und zu einer langfristigen Entscheidung gehört auch ein gutes Gefühl.

 

Und dieses Gefühl führte dazu, dass wir unser komplettes Sortiment auf GOTS zertifizierte Säurefarben umstellen. Dadurch haben wir immer noch einen überschaubaren und planbaren Färbeprozess, der für alle in der Färbeküche nachvollziehbar ist und relativ gleichbleibende Ergebnisse erzielt. Unser Wasserverbrauch hält sich in Grenzen und dank der schwermetallfreien Farben haben wir auch noch ein gutes Gewissen und ein gutes Tragegefühl. 

Unsere Farben entsprechen dem strengsten Bio Siegel für Textilien, unsere Garne sind nicht ausgerüstet, teils regional und teils ebenfalls bio zertifiziert.

Zwar bedeutet das jetzt, dass wir uns an komplett neue FärbeProzesse gewöhnen und unsere Farben komplett neu entwickeln müssen. Aber mit dem Hintergedanken im Kopf, dass das genau die Nachhaltigkeit ist, die wir alle im Atelier verkörpern, macht es riesigen Spaß, neue Farben zu kreieren. Wir spielen mit den Möglichkeiten, die diese neue Art zu Färben bietet und entwickeln ein völlig neues Sortiment.

 

Das bin ich. Das ist Mme Benoir. Damit fühle ich mich wohl und das kann ich euch aus voller Überzeugung verkaufen. Dahinter steht unser ganzes Team und das fühlt sich gut an. Diese Farben sind für alle sicher. Für alle die damit arbeiten, alle, die die Wolle verarbeiten und später auf der Haut tragen und für die Umwelt.

Anmerkung: ich möchte mit diesem Artikel niemanden diskreditieren und auch keine Technik als besser oder schlechter darstellen, sondern allein meine persönliche Entscheidung darstelllen. Ich bewundere die Menschen, die sich dem Abenteuer und dem Aufwand stellen, Stoffe und Garne mit Pflanzen zu färben. Alles und jeder hat seinen Platz und zusammen ergeben wir ein großes buntes Ganzes. Das macht die Welt vielfältig schöner.

Alles Liebe

Jule


1 Kommentar


  • Raphaela

    Liebe Madame!
    war heute beim Wollfestival bei euch am Stand und war total fasziniert von dem Sortiment. So, wie die Präsentation eurer Garne an den Verkaufswänden hing, hat das alles für mich großen Sinn gemacht. Absolut super, dass es die gleichen Farben in allen Qualitäten gibt. Das war mir vorher gar nicht klar. Bin auf das Strickergebnis meiner elefantösen Wolle gespannt. Ahoi!


Hinterlassen Sie einen Kommentar

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen von Google.